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FEBRUAR 2017

Hierarchie Werbewirkung
Humor
Kognitive Effekte
Prominente
Verhaltenseffekte

Gastbeitrag von Prof. Dr. Martin Eisend, Universität Viadrina

Werbewirkung und Werbeeffizienz: Wie wirksam ist Werbung? Diese Frage beschäftigt die Praxis seit es Werbung gibt und die Wissenschaft, seitdem sie sich mit Werbung beschäftigt. Die Antwort auf diese Frage: wir wissen es nicht genau! In einer neuen Studie haben wir versucht, die Wirkung von Werbung zu quantifizieren. Dafür haben wir alle Überblicksstudien, die Ergebnisse zur Werbewirkung aus verschiedenen anderen Studien zusammengefasst und quantifiziert haben (so genannte Metaanalysen), ebenfalls zusammengefasst und quantifiziert (also eine Meta-Metaanalyse) und dabei ausgewertet, wie stark die Werbung und zentrale Merkmale der Werbung die Konsumenten und Konsumentinnen beeinflusst.

Insgesamt haben wir dazu 44 Metaanalysen zu verschiedenen Aspekten der Werbewirkung, die bis zum Jahr 2015 in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht wurden, zusammengefasst. Jede dieser 44 Metaanalysen hat die Ergebnisse von im Schnitt 39 einzelnen Studien zusammengefasst. Insgesamt beinhalten diese 44 Metaanalysen damit die Ergebnisse von mehr als 1700 Studien. Mehr als 2,4 Millionen Konsumenten und Konsumentinnen haben an diesen Studien teilgenommen.
Als Messgröße für die Wirksamkeit der Werbung wurden Effektstärken verwendet. Diese geben im Prinzip an, wie stark der Beitrag der Werbung an einer Veränderung der Reaktion von Konsumenten und Konsumentinnen ist (z.B. deren Kaufverhalten, deren Einstellung zur Werbung oder deren Erinnerung an die Werbung).

Werbung erklärt vier Prozent der Effekte, trotzdem ist der Einfluss durch Werbung groß!

Insgesamt zeigt sich, dass Werbung 4% der Reaktionen erklärt. Das klingt wenig, wenn man aber bedenkt, dass ungefähr 60% des Verhaltens auf Märkten durch Trägheit, Gewohnheit oder Loyalität erklärt wird und dass es noch eine ganze Menge an anderen Einflussgrößen gibt, die sich nicht durch ein Unternehmen oder die Werbetreibenden beeinflussen lassen, wie z.B. das Verhalten von Wettbewerbern oder ökonomische Rahmenbedingungen, dann ist der Einfluss, den die Unternehmen durch den Einsatz von Werbung kontrollieren, doch relativ groß.

Kreation schlägt Media!

Weiterhin haben wir uns genauer angesehen, was in den Werbewirkungsstudien genau untersucht wurde und dabei unterschieden, ob Merkmale der Quelle (z.B. Prominente in der Werbung), der Botschaft (z.B. emotionale vs. rationale Appelle, Humor) oder der Medienstrategie (z.B. Werbewiederholung) untersucht wurden. Dabei zeigt sich, dass Merkmale der Quelle am werbewirksamsten sind.
In einem nächsten Schritt haben wir auch noch die Reaktionen der Konsumenten und Konsumentinnen genauer unterschieden in Einstellungen, Verhalten, Emotionen, Kognitionen, Erinnerung, Glaubwürdigkeit und Informationsverarbeitung. Es zeigen sich starke Effekte der Werbung im Hinblick auf Einstellungen. Aber auch hier kann man weiter unterscheiden und die verschiedenen Reaktionen der Konsumenten und Konsumentinnen in Verbindung mit den Charakteristika der Werbung untersuchen. Dann zeigt sich folgendes:
• Merkmale der Quelle beeinflussen vor allem Einstellungen, gefolgt von Verhalten.
• Merkmale der Botschaft wirken vor allem auf Kognitionen und Emotionen.
• Und Medienstrategien wie z.B. Wiederholung wirkt vor allem auf die Informationsverarbeitung und letztendlich auch auf die Erinnerung.

Medistrategie für langfristige Effekte wichtig!

Daraus lassen sich direkt Konsequenzen für Werbetreibende ableiten:
Wenn es um die Beeinflussung von Einstellungen geht, sollte man sich vor allem um die Merkmale der Quelle kümmern (z.B. die Auswahl der richtigen Prominenten).
Für langfristige Effekte, sind medienstrategische Merkmale wie z.B. die Medienauswahl oder die Werbewiederholung entscheidend.
Werbewirkung ist ein multikausales Phänomen. Vielleicht etwas überraschend: Je nach Werbeziel gibt es eindeutig identifizierbare Stellschrauben, um Werbewirkungseffekte zu erzeugen.

Direkte Effekt auf Verhalten sind übrigens sehr schwach, was die bekannte Einsicht unterstreicht, dass für direkte Verhaltensreaktionen andere Marketingwerkzeuge (z.B. Preispromotions) sinnvoller sind. Zu bedenken gilt es auch, dass der Einsatz von Werbewerkzeugen unterschiedliche Kosten verursacht. Der Einsatz von Prominenten in der Werbung ist sicherlich deutlich teurer als die Veränderung von Merkmalen der Botschaft (z.B. andere Farben, anderer Text).

Letztendlich lassen sich aus den Ergebnissen auch Hinweise auf Hierarchiemodelle der Werbewirkung ableiten. Die Werbungslehrbücher gehen in der Regel immer von allgemeingültigen Hierarchiemodellen aus, wie z.B. Einstellung -> Verhalten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Hierarchien davon abhängen, welche Werbewerkzeuge eingesetzt oder verändert wurden. Quellenmerkmale wirken über Einstellungen auf Verhalten, Botschaftsmerkmale über Kognitionen oder Emotionen auf Einstellungen, und Medienstrategien wirken über Informationsverarbeitung und Erinnerung.

Martin Eisend & Farid Tarrahi (2016) The Effectiveness of Advertising: A Meta-Meta-Analysis of Advertising Inputs and Outcomes, Journal of Advertising, 45:4, 519-531, DOI: 10.1080/00913367.2016.1185981
Martin Eisend ist Professor für Marketing an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) und President-Elect der European Advertising Academy. An der Universität Viadrina wird vermutlich noch in diesem Sommer ein „Center for Marketing Communication“ gegründet, das sich der wissenschaftlichen Forschung im Bereich Marketing Communication/Advertising widmen soll.
Kontakt: eisend@europa-uni.de