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AUGUST 2017

Modelling
Werbeeffizienz
Werbewirkung

Modellings zur Werbeeffizienzberechnung hatten Konjunktur, mittlerweile scheint der Hype etwas abgeflaut. Tatsächlich wurde eine zeitlang alles und jedes mit Modellings zur Werbeeffizienzberechnung bewiesen, für Agenturen erwuchs sich hieraus sogar ein Geschäftsmodell. In zwei Teilen wird die Methode, die Aussagemöglichkeiten und die Grenzen gezeigt werden. Jeder, der diese Beiträge gelesen hat, ist dann schlauer.

Werbung ist der größte Posten in üblichen Marketingbudgets. Umso mehr erstaunt die begriffliche Ungenauigkeit und daraus folgend auch die konzeptionelle Ungenauigkeit, mit der diese bedeutenden Marketingposten verwaltet werden. Betrachtet man die werblichen Aktivitäten unter Werbecontrollingaspekten, ergeben sich drei Dimensionen:

  • Werbewirkung
  • Werbeerfolg
  • Werbeeffizienz

Werbewirkung bezeichnet jegliche Wirkung von Werbung, auch die nicht erwünschten. Die Gründe für nicht erwünschte Werbewirkungen sind vielfältig und beginnen bei nicht optimal gestalteten Werbemitteln und enden bei fehlerhaften Mediaplanung. Werbemitteltests und Kampagnentrackings sind ein notwendiger Bestandteil, um die Wirkdimensionen von Kampagnen zu erfassen und um gegebenenfalls nachsteuern zu können.

Werbeerfolg ist die Zielerreichung der werblichen Maßnahmen; anders gesagt: Wenn die Ziele erreicht wurden, hatte die Kampagne Erfolg.  Das setzt jedoch voraus, dass vorher Werbeziele definiert wurden.  So banal diese Feststellung klingt: Relativ häufig kann man feststellen, dass die Zielvorstellungen von Agenturen und Werbungtreibenden hier sehr schwammig bis nicht vorhanden sind.

Eine der wichtigsten Verfahren zur Werbeerfolgsmessung sind Werbeeffizienzmessungen.

„Modellings: Königsweg der Werbeeffizienzmessung“

Modellings zur Werbeeffizienzmessung: Das Prinzip

Prinzipiell handelt es sich bei Modellings überwiegend um multiple Regressionsmodelle. Die abhängige Variable können Verkäufe oder Marktanteile des beworbenen Produktes sein.

Abhängige Variable Modellbezeichnung
– Verkäufe

– Marktanteile

Abverkaufsmodelle
– Awareness

– Wirkungsindikatoren

Awarenessmodelle

 

Die unabhängigen Variablen sind Werbeaufwendungen (insgesamt, pro Mediagattung oder Werbeträger, Distribution und andere Einflussgrößen). Grundsätzlich lässt sich so die Auswirkung jeder Einflussgröße berechnen, sofern sie sich quantifizieren und in adäquate zeitliche Einheiten zu den anderen Einflussgrößen setzen lässt.

Der Grund für diese aufwändigen Rechenverfahren ist relativ naheliegend. Durch die Verschiedenartigkeit der werblichen Maßnahmen in einem längeren Zeitraum lässt sich selten ein 1:1 Zusammenhang zwischen Maßnahmen und Wirkung erkennen. Effekte überlagern sich, verstärken sich gegenseitig oder heben sich sogar auf.  Einsichtig wird das anhand dieser realen Kampagne:

Tatsächlich erkennt man selbst auf den zweiten Blick keinen unmittelbaren Zusammenhang mehr zwischen den Effekten einzelner Mediabeiträge auf die Entwicklung des jeweiligen Werbewirkungsindikators.

Modellings analysieren die Wirkung der Mediabestandteile und quantifizieren deren Beiträge.

Ergebnisse: Idealtypische Werbeeffekte

Eine erhebliche Anforderung an Modellings stellt sich durch die Darstellung der Ergebnisse, so dass sie auch in praktische Konsequenzen münden, wie zum Beispiel die Optimierung der nächsten Kampagne.  Wesentlich ist ein Koeffizient (Steigungsmaß b), der sich sofort in geldwerte Effekte umrechnen lässt. Die folgende Kampagne zeigt über eine Laufzeit von 12 Monaten die Wirkungen auf die Marktanteile einer Marke X:

Die beiden belegten Mediagattungen Radio und TV haben auf die Marktanteile im Verkauf der Marke X folgenden Einfluss:

Ergebnis des Modellings:

Radio: 10.000 Euro Mediaspendings erhöhen die Marktanteile von X um 0,39 Prozentpunkte

TV: 10.000 Euro Mediaspendings erhöhen die Marktanteile von X um 0,57 Prozentpunkte

Der Return-on-invest von TV ist also in diesem Fall höher als der von Radio.

Die berechneten Marktanteile sind ungefähr deckungsgleich mit den realen Marktanteilen. Das bedeutet, dass sich die Marktanteile ziemlich gut durch die Werbeinvestitionen erklären lassen, dass es aber gleichwohl noch andere Einflussgrößen gibt, die in der Rechnung nicht berücksichtigt wurden oder werden konnten. Das können z.B. Aktivitäten der Wettbewerber sein, oder – bei Modellings zu Biermarken sieht man das gut – das Wetter. Wenn es wärmer wird, steigt der Absatz von Bier, wenn es zu warm wird, sinkt der Absatz wiederum.

Ein Modelling zeigt also die Hebelwirkung der unabhängigen Einflussvariablen auf die abhängige Variable (hier: Marktanteile) und ermöglicht Simulationen.

Simulationen

Die Modellingergebnisse ermöglichen was-wäre-wenn-Analysen. Der Vorteil ist klar: Auch wenn nur wenige (hier: 12) Messzeitpunkte zur Verfügung standen, können trotzdem viele Varianten simuliert werden, um den optimalen Mediamix zu finden.

Simulierte Marktanteile in Abhängigkeit von unterschiedlichem Mediaeinsatz (Brutto-Spendings)

TV-Spendings in T€ pro Monat
Radio-Spendings in T€ pro Monat 330 380 420 450
190 15,92* 18,87 21,23 23,00
200 16,31 19,26 21,62 23,39
210 16,7 19,65 22,01 23,78
220 17,09 20,04 22,40 24,17
230 17,48 20,43 22,79 24,56
240 17,87 20,82 23,18 24,95
250 18,26 21,21 23,57 25,34
Summierte Spendings für unterstrichene Marktanteile in T€ 580 630 630 640

* Marktanteile in %

Vier Beispielwerte (unterstrichen) zeigen, wie allein durch Verschiebung der Budgets zwischen den Gattungen bei ungefährer Beibehaltung des monatlichen Gesamtvolumens Marktanteile variieren. In diesem Beispiel spricht zwar alles gegen Radio, andererseits gehen bei Modellings, die Werbeausgaben einbeziehen, in der Regel die Bruttozahlen nach Nielsen ein, auf der Nettoebene kann die obige Rechnung wieder ganz anders aussehen. Bei dieser rein linearen Betrachtungsweise resultieren noch eine Reihe weiterer Probleme, die im Special II am 15.8.2017 erläutert werden.

„Erfolgreiche Werbung durch Modellings“

Potential

Werbemodellings liefern vielfältige Erkenntnismöglichkeiten über die wirksamste Mediastrategie, z.B.:

  • Wirkungen von Werbepausen
  • Ökonomischster Budgeteinsatz
  • Wirkungen von Mediamix
  • Optimale Strategie: Sägezahneinsatz, Pulsing etc.

 

Gleichwohl entstehen Fragen: Das Beispielmodell hier ist relativ simpel gestrickt, zudem unterliegt jedes Modelling spezifischen Modellannahmen, die selten thematisiert werden.

Dieses Beispielmodell hat einige gravierende Mängel. In der nächsten Folge geht es um Erweiterungen, Aussagegrenzen von Modellings und um Gefahren der Fehlinterpretation.